Neues von der Copa do Mundo

Weiterhin völlig geflasht von den vielen Erlebnissen und im Dauer-WM-Rausch versuche ich mal einige Zeilen runter zu schreiben. Bei diesem Event mittendrin statt nur dabei zu sein und einen Einblick hinter die Kulissen zu bekommen geniesse ich sehr. Dabei lasse ich auf  meine durch die Bank sympathischen Volunteer Kollegen nichts kommen, nur vereinzelte Fifa-Pfeifen gehen uns so ziemlich auf den Pin. Von deren Seite  ist jegliche Aktivität abseits des Protokolls untersagt und einem unserer Kollegen wurde sogar irrsinnigerweise die Akkreditierung entzogen, weil er Fotos von einem Mannschaftsbus gemacht hat. Que ridiculo!! Wenn man ein Auge zudrückt kann man der Fifa Professionalität attestieren. Aber wenn der Träger ein Zyklop ist, kann man ein Monokel auch als Brille bezeichnen. Jedenfalls ist der krasse Widerspruch zwischen den strikten Vorgaben und der brasilianischen Lockerheit nicht zu übersehen. Da wird einerseits übertriebenerweise jeder nicht lizensierte Markenname auf den Kopfhörern im Presseraum abgeklebt, andererseits gibt es bei dem brasilianischen Sicherheitspersonal immer wieder kleine Umwege („jeitinho“) auch mal einen Blick hinter eigentlich verschlossene Türen zu werfen. Ein Lächeln und der täglich hundertfach praktizierte „Daumen hoch“ reicht dazu meist aus. Denn englisch oder spanisch sprechendes Personal ist hier rar gesät, so dass ich mich mit „portuñol“, dem mittlerweile angeeigneten Mischmasch aus Spanisch und Portugiesisch, versuche so weit es geht zu verständigen. Sehr bereichernd sind die täglichen Begegnungen mit den Journalisten – ein spezieller Menschenschlag – wobei aus Deutschland bisher nur eine Handvoll  hier ist. Das wird sich in den nächsten Tagen mit dem hier stattfindenden Achtelfinale Deutschland – Algerien ändern. Dann bekomme ich sicher auch das ein oder andere bekannte Gesicht zu sehen und vielleicht kann ich Waldi dann ja doch noch sein Weißbier servieren. Doch auch viele der übrigen Journalisten sind nette Zeitgenossen, ein gastfreundlicher einheimischer TV-Reporter hat mich nach einem Match sogar zu einem netten Churrasco Abend mit seiner Familie eingeladen. Für die Gauchos ist ein froher Gast eben niemals Last und sie sind sehr interessiert an den Besuchern aus fernen Ländern, vielleicht auch weil PoA ausserhalb der WM eben nicht gerade als ausgewiesene Touristenhochburg gilt. Die Brasilien- und Deutschland Spiele verfolge ich mit meinen Volunteer Kollegen in der Regel auf dem riesengroßen Fanfest, mit anschließender Samba oder Funk Party. Von den dortigen Fangruppen wird neben der grossen Anhängerschaft der Holländer und der Australier sicher die Invasion von mehr als 100.000 Argentiniern in Erinnerung bleiben. Daraus resultierte eine extrem hohe Sicherheitsstufe, alleine fünf Checkpoints mussten auf dem Weg zu Stadion absolviert werden. Von den Strassenschlachten und Protesten gegen den World Cup bekomme ich dagegen gar nichts mit, sicher auch weil diese eher im Zentrum denn in Stadion- oder Fanfestnähe stattfinden. Die WM-Vorrunde ist gefühlt extrem schnell vorbeigeflogen und – kaum zu glauben – in einigen Tagen werde ich meine Zelte in Porto Alegre auch schon wieder abbrechen. Es wird sicher ein wenig schwerfallen die Stadt, die vielen Bekanntschaften, die Volunteer-Kollegen, und meine liebgewonnene argentinische Wohngemeinschaft zu verlassen. Doch Zeit zum Durchatmen oder für melancholische Gefühle bleibt nicht, denn mich erwartet keine geringere als die „cidade maravilhosa“, die wunderbare Stadt: the one and only Rio de Janeiro!!

RSCN8104

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