Archiv für den Monat: Juli 2014

Obrigado, Brasil !

In Praia da Pipa waren wir mal wieder an einem dieser magischen Orte, in denen man sich in einer wunderbar gelassenen Atmosphäre wochenlang wohlfühlen könnte. Dabei schwärmen einige Alteingesessene noch von vergangenen, weniger touristischen Zeiten. Vielleicht haben sie nicht ganz Unrecht, aber andererseits bin ich bei solchen Aussagen etwas skeptisch, denn es ist immer wieder erstaunlich, wie oft aus einer miserablen Gegenwart eine gute alte Zeit wird. Der Tagesablauf in Pipa ist jedenfalls weiterhin sehr entspannt, wobei es schon auffällig war, dass mein Rhythmus nach nem halben Jahr „on the road“ doch etwas ruhiger war als der meiner Dortmunder Kumpels, die verständlicherweise im knapp bemessenen Urlaub alles mitnehmen wollten was geht (und das auch taten ;-)) In übertriebene Hektik verfallen sind auch sie allerdings nicht gerade, denn wie wir alle wissen hat Stress noch keinen Vorgang beschleunigt. Nach einigen mit Delfinbeobachtungen, Surfstunden und weiteren Strandaktivitäten verbrachten Tagen kam dann mit Bollwerk noch ein weiterer Amigo aus der Heimat an. Auch er verliebte sich sofort in dieses Fleckchen Erde und plant mehrere Wochen zu bleiben, wohingegen ich meine Zelte in Pipa nach einer guten Woche abbrechen musste. Vor der Abreise aus Brasilien stand noch eine 2-tägige Besichtigung der etwas schäbigen Küstenmetropole Fortaleza an. Dort hatte ich bei der Kündigung meines Handyvertrages noch einmal mit den hiesigen bürokratischen Ärgernissen zu kämpfen. Bei Vertragsabschluss war eine persönliche brasilianische Identifikationsnummer (CPF) notwendig, die ich nicht besitze, so dass der flexible Mann damals zu meinem Erstaunen kurzerhand eine CPF im Internet generierte. Dieser typisch brasilianische „jeitinho“ (Umweg) sollte mir nun bei der Kündigung zum Verhängnis werden, denn „meine“ CPF war logischerweise offiziell nirgendwo registriert. Es wurde ein so großes Problem, dass mir die sich gegenseitig an Inkompetenz überbietenden „Mitarbeiter“ des Telekommunikationsunternehmens einen halben Tag Lebenszeit stehlen sollten. Den Rest des Tages hatte ich dann noch einige Koks-Angebote abzulehnen und bestieg dann den Flieger, erneut Richtung Kolumbien. Eine gelungene Überleitung, wie ich finde. Dort sind nun weitere erholsame Tage geplant, denn die intensive WM-Zeit hat doch Substanz gekostet 😉 Es bleibt noch eins zu sagen: Obrigado, Brasil, für zwei Monate, die nur ein Prädikat verdienen: Weltklasse! Aber auch: Kolumbien, meine zweite suedamerikanische Liebe, es ist schön wieder hier zu sein! IMG_1421

Da ist das Ding!

Weltmeisterliche Grüsse von der entspannten Praia da Pipa im Norden Brasiliens, wo wir uns momentan von den Strapazen der turbulenten WM erholen. Und was war das für eine Zeit. In den letzten Tagen jagte noch einmal ein Highlight das nächste, angefangen mit dem zurecht mit Superlativen betitelten, epischen 7:1 gegen den Gastgeber. Im Minerão von Belo Horizonte erlebten wir Momente, die sich wohl auf Ewigkeit im Gedächtnis eingebrannt haben. Und dass der volksnahe Kevin G. dann anschließend noch im Stadion mit uns die „Humba“ zelebrierte, war noch das Sahnehäubchen. Zudem traf ich mit „Gaucho na Copa“ den wohl berühmtesten Fan Brasiliens, ein wahrer „hombre con angel“ (Mann mit Charisma), der fair gratulierte. Dies galt, vielleicht dem schockierenden Ergebnis geschuldet, nicht für alle Brasilianer, so dass wir den Aggressionen aus dem Weg gingen und die angemessene Siegesfeier auf den nächsten Abend verschoben haben. Wie der Zufall es wollte, trat dann nämlich Michel Telo („ai se eu te pego“) in einem Club in Belo auf, und so wurde es eine ausgelassene Party. Rechtzeitig zum Finale waren wir dann zurück im von Argentiniern besetzten Rio, standen dort allerdings sprichwörtlich im Dunkeln. Denn unser Vermieter hatte seine Stromrechnung nicht bezahlt, so dass ihm der Saft kurzerhand abgedreht wurde. Wir haben uns dann mit Kerzen beholfen, aber ehrlich gesagt ist ne Weile ohne Fernseher, WhatsApp und ähnliche Errungenschaften der Moderne zwischendurch auch mal ganz befreiend. Lediglich die eiskalte Dusche war nicht so angenehm. Am Tag des grossen Finales – Ich Glücksritter konnte über diffuse Kanäle noch ein Ticket ergattern –  parkte vor unserem Frühstückscafe nicht zu übersehen eine Strech-Limo, aber nicht irgendeine, sondern zugepflastert mit WM-Bildern, Länderflaggen und Devotionalien jeglicher Art. Wir kamen mit dem Besitzer, einem wurzellosen Abenteurer namens „Peppin“ ins Gespräch, der mit seiner Limo von New York bis zum Zuckerhut gefahren ist. Obwohl wir in Rio und in Belo sowieso schon über unseren Verhältnissen (dafür aber unter unserem Niveau) gelebt haben, entschieden wir uns kurzerhand die Limousine für die Anfahrt zum Maracaña und (optimistischerweise) die spätere Triumphfahrt zu mieten. So ein besonderes Spiel findet schliesslich nicht alle Tage statt! Dieses dann live zu erleben war unbeschreiblich, wenn auch aufgrund der (An)spannung schwer zu geniessen, aber am Ende hat es ja geklappt! Weltmeister!!!! Und im Bewusstsein der historischen Bedeutung haben auch wir auch gefeiert wie die Weltmeister: ausgestattet mit Schampus und Zigarren chauffierte uns der grandiose, für jeden Spaß zu habende „Peppin“ kreuz und quer durch die aus allen Nähten platzende Copacabana und durch Ipanema, immer und immer wieder hielt er an, mitten auf der Strasse, für ein siegestrunkenes Tänzchen und Ständchen („so gehn die Deutschen, die Deutschen die gehn so, so gehn die Gauchos…“) um die Strech-Limo herum, im Jubel der umstehenden Menschenmassen…es war wahrlich eine weltmeisterliche Nacht! DSCN8478

 

08.07.2014, Belo Horizonte

DSCN83634:0: Der Wahnsinn nimmt seinen LaufDSCN83655:0: Surreale Momente fuer die EwigkeitDSCN83716:0 Wir singen Heimspiel in Belo…Rio de Janeiro oh ohohoh…ihr seid nur ein Karnevalsverein…so ein tag, so wunderschön wie heute….einer geht noch, einer geht noch rein…gegen Deutschland kann man mal verliern….Finale ohohohDSCN83747:0:  „O dia do massacre do Mineiraço“ ist perfektDSCN8385Gaucho na Copa, Brasiliens bekanntester Fan, uebergibt den Pokal nach dem Spiel

 

 

Wahnsinns-Weltmeister-Wochen

Das Beste in Porto Alegre kam zum Schluss! Beim nervenaufreibenden Achtelfinale gegen Algerien hatte ich die Ehre am Spielfeldrand eingesetzt zu werden. Beim Einlaufen und bei den Nationalhymnen waren wir die menschlichen Blockaden für die Fotografen und damit mitten im Geschehen. Gänsehaut pur. Das Spiel selber verfolgte ich keine 2 Meter von der Eckfahne entfernt, einfach sensationell. Und auch Kevin Grosskreutz hat sich nach anfänglicher Irritation gefreut, dass ihn beim Warm-Up ein waschechter Dortmunder von der Seite angequatscht hat. Im Vorfeld des Spiels hatte ich auch Gelegenheit zum Fachsimpeln u.a. mit Gerhard Delling, Bela Rethy und KMH, alles lockere Zeitgenossen, die sich für einen Plausch nicht zu schade sind. Natürlich war auch die Pressekonferenz ein interessanter Einblick, wenn auch mit dem wie immer nichtssagenden Philipp Lahm. Aber gut, was soll man auch von jemanden erwarten, der sich nach einem 2:5 (Pokalfinale 2012) hinstellt und sagt man sei die bessere Mannschaft gewesen -;) Nach dem Spiel folgte dann noch eine ausschweifende, diesem unvergessenen Monat durchaus angemessene Abschlussparty, die für mich gleichzeitig das Bergfest meines Sabbatjahres darstellte. Es war leider schon an der Zeit, Abschied zu nehmen. Und dann ging es zum Viertelfinale nach Rio, wo mich mit Philipp ein guter Kumpel aus der Heimat bereits erwartete. Er hatte dankenswerterweise bereits ein Apartment in idealer Lage an der Copacabana organisiert, Meerblick inklusive. Da wir die Sehenswürdigkeiten schon bei vorherigen Besuchen abgeklappert hatten, vertrieben wir uns die Tage bis zum Knaller gegen Frankreich mit Beach-Volleyball an den Stränden Rios. Und auch das Fanfest an der Copacabana war einen Besuch wert. Das einzige was störte waren die vielen Deutschen 😉 Eines Abends hatte unser Gastgeber uns dann mit den Worten „it will be a good experience for you“ in eine Bar in der mittlerweile befriedeten Favela Vidigal eingeladen. Mit rasenden Mototaxis wurden wir durch die steilen und engen Gassen auf dem höchsten Punkt mit Top-Aussicht auf Ipanema und Leblon gefahren! Leider fehlte an meinem Mototaxi eine Abdeckung an einem heißen Maschinenteil, so dass ich mir beim Beineeinziehen in einer engen Kurve Verbrennungen zweiten Grades an der Wade zugezogen habe. Aber alles halb so wild und ansonsten war es tatsächlich eine gute Erfahrung. Eine noch einprägsamere Erfahrung erwartete uns im Maracaña, dem Allerheiligsten, was der Fussball zu bieten hat. Durch den hart umkämpften Einzug ins Halbfinale war auch unser weiterer Weg vorgezeichnet: nächste Station Belo Horizonte! Dort stiess mit Stasi der nächste Dortmunder zu unserer Reisegruppe hinzu, die in einigen Tagen mit Niko komplettiert wird. Mit etwas Glück kam ich sogar noch an ein Ticket für das Jahrhunderthalbfinale gegen Brasilien ran. Fortsetzung folgt…DSCN8237